"Lucas Diehl zurück bei seiner »Familie«: Bundesliga-Athlet verstärkt Oberligist ASV Schaafheim"


Erst in neun Monaten beginnt die Ringer-Saison 2021, doch schon jetzt stellen nicht nur die Bundesligisten, sondern auch viele ambitionierte Vereine aus den hessischen Landesklassen die personellen Weichen. Nach der ausgefallenen 2020er-Runde hat der ASV Schaafheim bereits vor Weihnachten seinen Kader für die erste (Oberliga) sowie zweite Mannschaft (Landesliga) fast komplett beisammen. Und vermeldet seinen Königstransfer dieser Periode: Nach zwei Jahren bei Bundesligist SC Kleinostheim kehrt der Ur-Schaafheimer Freistil-Athlet Lucas Diehl zu den »Bachgau-Bären« zurück.


Lucas Diehl - Eduard Tatarinov
Lucas Diehl - Eduard Tatarinov

»Schaafheim ist einfach meine Familie«, sagt Diehl, der 2018 deutscher Vizemeister im 79-Kilo-Limit wurde. Die DM-Medaille hat durchaus ihren Anteil, dass Diehl nun in die Heimat zurückgekehrt ist: Durch die Silbermedaille auf nationaler Ebene wurde er im Ringerpunkte-System der Bundesliga mit zwei Zählern geführt. Ein Bundesligist darf für seine Aufstellung mit zehn Ringern maximal 28 Ringerpunkte verbrauchen. Ausländische Sportler schlagen mit mindestens fünf Ringerpunkten zu Buche, internationale Medaillengewinner mit noch mehr.

»Opfer der Ringerpunkte«

»Ich bin auch ein Opfer der Ringerpunkte«, sagt Diehl, denn für seine zentrale Gewichtsklasse (80 Kilo Freistil) holten die Kleinostheimer kürzlich Christoph Henn aus Hösbach. Der wurde als Jugendlicher mehrere Jahre lang in Kleinostheim ausgebildet und bringt dort zwei Ringerpunkte Abzug. Dazu ist Henn aktuell stärker einzuschätzen als Diehl, gewann in der abgebrochenen Bundesliga-Saison 2020 das direkte Duell mit 8:1.

 

Überhaupt tat sich Diehl, bis 2018 herausragender Oberliga-Ringer der Schaafheimer, in seinen beiden Erstliga-Jahren schwer, hatte es dabei aber auch meist mit nationalen und internationalen Topleuten zu tun. »Ich hatte gedacht, dass es einfacher wird«, gibt er rückblickend zu. Allerdings handicapte den 26-Jährigen noch wenige Wochen vor seinem Bundesliga-Debüt ein Bandscheiben-Vorfall im Nacken. Auf sein Bundesliga-Abenteuer mit drei Siegen und deutlich mehr Niederlagen schaut er aber ohne Groll zurück. Zumal er wohl in Liga eins hätte bleiben können, »ich war mit dem KSC Hösbach im Gespräch«. 2021 werde für ihn aber auch beruflich ein herausforderndes Jahr, »und in der Oberliga kann ich eher mal ein Training ausfallen lassen als in der Bundesliga«.

 

In Schaafheim, wo der Kleinostheimer Erstliga-Ringer Marcus Plodek nicht mehr sein Teamkollege, sondern sein Freistil-Trainer sein wird (Greco-Trainer des ASV bleibt Feti Karakas), stellt Lucas Diehl eine klare Verstärkung dar. Überhaupt haben die Bachgauer eine gute Oberliga-Mannschaft zusammen. Denn die Verpflichtungen der vergangenen Transferperiode, die wegen der Saisonabsage in der Oberliga den traditionell vielen Schaafheimer Fans noch nicht präsentiert werden konnten, sollen allesamt auch 2021 wirksam werden.

 

Einzig hinter dem damaligen Toptransfer Viktor Terzi, der von Erstligist Kleinostheim gekommen war und an dem noch andere Oberligisten baggern, steht noch ein kleines Fragezeichen. »Gerade in dieser Gewichtsklasse überlegen wir, denn auch in Zukunft werden wir vor allem an Ringer aus Schaafheim denken«, sagt Kaderplaner Michael Trippel. Im 57-Kilo-Limit bringen die starken Eigengewächse David Bertram und Eliah Lucyga nächste Saison neben Mindestalter auch das Mindestgewicht auf die Waage. Ein Kader mit größtmöglichem Lokalbezug stärke die Identifikation von Athleten, Fans und Sponsoren mit dem Verein, ist Trippel überzeugt.

 

Von den noch nicht eingesetzten Zugängen werden derweil Milad Dehghan, Eduard-Stefan Asan und Gjergij Berisha (alle Oberliga-Team) sowie Eduard Panow und Thomas Zahos (beide vorwiegend Landesliga-Team) erneut die Lizenz in Schaafheim unterschreiben. Für den griechisch-römischen Stil bis 66, 71 und 75 Kilo suchen die Bachgau-Bären noch zwei Ringer, da Tom Pusch und Nils Böhm nicht immer verfügbar wären. Interesse besteht etwa an Lukas Fischmann, der lange in Schaafheim und zuletzt in Großostheim rang.

 

ASV-Vorsitzender Maximilian Musel skizziert derweil die Ziele für 2021 und die weitere Zukunft. Er tut dies auch unter dem Vorzeichen, dass 2022 zwischen 1. Bundesliga und Oberliga Hessen die 2. Bundesliga wiedereingeführt wird. »Das kurzfristige Ziel nächstes Jahr ist der Klassenerhalt«, sagt Musel. »Über zwei, drei Jahre wollen wir uns dann wieder an die Oberliga-Spitze rankämpfen und mit der 2. Liga liebäugeln.«

 

In finanzieller Hinsicht, so ASV-Pressewart Jonas Höreth, sei man gut durchs Corona-Jahr gekommen: »Wir sind sehr sensibel an unsere Sponsoren herangegangen, weil auch viele von ihnen kein gutes Jahr hatten.« Dennoch sei es dem vor einem Jahr gewählten neuen und jungen Vorstandsteam, in dem wie Musel, Höreth und Jugendleiter Nils Böhm viele aktive ASV-Ringer mitwirken, gelungen, »frischen Wind reinzubringen«.

Fürs nächste Jahr habe man bereits Zusagen von bisherigen und neuen Sponsoren gewonnen und baue wegen der wichtigen Eintrittsgelder zudem auf die Erlaubnis, den »Hexenkessel« Kulturhalle wieder üppig auslasten zu können.

Jens Dörr


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